Das Duden-Wörterbuch »Schweizerhochdeutsch« ist eine Fundgrube für alle, die sich für die Besonderheiten der Schweizerischen Hoch- oder Schriftsprache interessieren. Für sprachlich interessierte Schweizer ebenso wie für Deutsche, die in der Schweiz leben, arbeiten, häufig zu Besuch sind oder beruflich mit Schweizern zu tun haben. Denn es benennt und »übersetzt« nicht nur rund 3000 Helvetismen – also Schweizerische Varianten –, sondern erläutert auch die wichtigsten Unterschiede zwischen dem Standarddeutsch der Schweiz und Deutschlands.
So finden sich neben kurzen Erläuterungen zu den Besonderheiten in Rechtschreibung, Aussprache, Betonung und Grammatik auch Übersichten zu besonderen Wortschatzbereichen wie etwa Recht oder Haus und Haushalt.
Da der Themenbereich Wirtschaft dabei leider übergangen wurde, habe ich selbst eine solche Liste von Helvetismen für den Wortschatzbereich Wirtschaft und Finanzen zusammengestellt. Sie finden diese am Ende der Buchbesprechung.
Anlass dieser Dudenausgabe ist das Jubiläum des Schweizerischen Dudenausschusses im Schweizerischen Verein für die deutsche Sprache. Seit nunmehr 50 Jahren sammelt und prüft dieser Helvetismen, die in den Deutschen Rechtschreibduden aufgenommen werden sollen.
Helvetismen: viel Bekanntes, einiges Überraschende und was zum Schmunzeln
Da ich im Dreiländereck (Deutschland, Frankreich, Schweiz) aufgewachsen bin und nach einigen Zwischenstationen inzwischen wieder hier lebe und arbeite, bin ich mit dem Schweizerdeutschen gut vertraut. Daher waren mir viele Helvetismen bereits bekannt. Begriffe wie »Brockenstube«, »Brunsli«, »Chäschüechli«, »Grättimaa« oder »Natel« begegnen einem hier an der Grenze zur Schweiz ständig.
Dennoch haben mich beim Durchblättern des Büchleins einige Bedeutungen überrascht. Oder hätten Sie hinter einer »Abänderung« die Wechseljahre, hinter einem »Bettanzug« keinen Schlafanzug, sondern einen Bettbezug vermutet? Und was stellen Sie sich unter einem »Dressiersack« vor? Also … die Schweizer bezeichnen damit ein Utensil, das man zum Backen verwendet: einen Spritzbeutel! Übrigens, wenn Ihnen ein Schweizer sagt, er hätte jemanden »am Seil heruntergelassen«, dürfen Sie sich das gerne bildlich vorstellen. Aber richtig liegen Sie damit nicht. Besagter Schweizer hat sich vielmehr mit jemandem einen Scherz erlaubt und diesen schlichtweg zum Narren gehalten.
Daneben ist mir bei der Lektüre des Duden-Wörterbuchs »Schweizerhochdeutsch« auch einiges begegnet, das mich schmunzeln lies. Etwa Begriffe wie »Augenwasser« oder »Leibblatt«. Während Ersteres unschwer als Tränen zu verstehen ist, hat mich beim »Leibblatt« der erste Bestandteil des Wortes doch ordentlich in die Irre geführt. Oder wären Sie ganz ohne Kontext auf die bevorzugte Zeitung einer Person gekommen? Ein Lächeln aufs Gesicht zauberte mir auch das »Mistkrazerli«. Ob die Assoziationen, die Nicht-Schweizer zu diesem Begriff haben werden, so richtig Appetit machen? Auf ein gebratenes junges Huhn? Hinreißend finde ich auch »mit abgesägten Hosen dastehen«, die »Pflästerlipolitik«, den »Schweizerpsalm« oder das »Wädli« … Ahnen Sie, was sich dahinter verbirgt?
Helvetismen aus Wirtschaft und Finanzen
Da ich den Lesern dieses Blogs ein besonderes Interesse an den Themen Wirtschaft und Finanzen unterstelle, möchte ich den im Duden-Wörterbuch »Schweizerhochdeutsch« angeführten Wortschatzsammlungen abschließend noch eine weitere, nicht erschöpfende Sammlung hinzufügen. Folgende Helvetismen aus Wirtschaft und Finanzen sollten Sie kennen, wenn Sie beruflich mit Schweizern in Berührung kommen:
das Advokaturbüro (Anwaltsbüro), die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung), die Altwohnung (Altbauwohnung), der Bancomat®, Bankomat (Bargeldautomat einer Bank), der Bänkler, die Bänklerin (mundartnah: Banker), belehnen (eine Sicherheit abtreten, um dafür ein Darlehen zu bekommen; beleihen), der Betriebsökonom, die Betriebsökonomin (Betriebswissenschaftler(in), Betriebswirt(in)), der Bücherexperte, die Bücherexpertin (Wirtschaftsprüfer(in)), der Detailhandel (Einzelhandel), der Detaillist, die Detaillistin (Einzelhändler(in)), das Gesamttotal (Gesamtsumme), der Hypothekarzins, kurz: Hypozins (Hypothekenzins), die Invalidenversicherung, kurz: IV (gesetzlich vorgeschriebene Vorsorge für Erwerbsunfähigkeit), der Konkursit, die Konkursitin (Person oder Firma, die Konkurs gemacht hat), kotieren ((ein Wertpapier) an der Börse für den freien Handel zulassen, notieren), die Obligation (festverzinsliches Wertpapier), das Obligationenrecht, kurz: OR (gesetzliche Regelung des Schuldrechts, der Vertragsverhältnisse, des Gesellschaftsrechts und des Wertpapierrechts), ein PC-Konto (ein Postcheckkonto), der Preiszerfall (Preisverfall), der Rechnungsrevisor, die Rechnungsrevisorin (Wirtschaftsprüfer(in), Buchprüfer(in)), die Restanz (unerledigter Teil (u. a. von Schulden)), das Salär (Lohn, Gehalt), die Schatzung ((amtliche) Schätzung des (Gebäude-)Werts), der Schuldbrief (als Wertpapier ausgestelltes Grundpfand, durch das eine persönliche Forderung grundpfändlich sichergestellt wird), die Stempelsteuer (auf Wertpapiere und Versicherungsprämien erhobene Abgabe), das Steuersubstrat (besteuerbares Einkommen und Kapital alles Steuerpflichtigen), der Stundenansatz (Stundensatz), das Subtotal (Zwischensumme), die SUVA (Abk. für Schweiz. Unfallversicherungsanstalt; Trägerin der obligatorischen Unfallversicherung), der Totalbetrag (Gesamtbetrag), die Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse), weiterziehen (Berufung einlegen), der Weiterzug (Berufung), die Wertschrift (Wertpapier).
Kennen Sie weitere Helvetismen aus Wirtschaft und Finanzen? Dann schreiben Sie mir!
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Herausgegeben vom Schweizer Verein für die deutsche Sprache
112 Seiten, broschiert, 12,00 Euro
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Schöne Besprechung, sinnvolle Ergänzung! Eine kleine Korrektur: Das Obligationenrecht wird OR abgekürzt, nicht OG, denn es steht nicht in einem eigenen Gesetz, sondern im Zivilgesetzbuch (ZGB).
Hallo Herr Goldstein, danke für Ihren Hinweis. Da haben Sie natürlich recht, habe ich gleich geändert!