Wichtiger Hinweis: Diese Rezension bezieht sich auf die 26. Auflage des Rechtschreibduden, die 2013 erschienen ist. Inzwischen hat der Dudenverlag zwei weitere Auflage herausgegeben: Im Oktober 2017 erschien die 27. Auflage von „Duden – Die Deutsche Rechtschreibung“, die ich ebenfalls besprochen habe. Hintergrund für die Neuauflage ist eine Aktualisierung des amtlichen Regelwerks der Deutschen Rechtschreibung. Im August 2020 erschien die 28. Auflage.
Oder: »Drin oder nicht drin?«, wie die Duden-Redaktion so schön sprachspielt.
[2. Juli 2013] Offizieller Erscheinungstermin der 26. Auflage des »Duden – Die deutsche Rechtschreibung« ist der 4. Juli 2013. Vorbesteller konnten sich allerdings bereits Ende vergangener Woche über das gute Werk freuen. So auch ich.
27. Juni 2013: Er ist da! Kommt in einem großen Paket, eingepackt in viel Plastik. Zu viel für meinen Geschmack. Und doch freue ich mich über den neuen Duden.
Blick hinein: Was ist neu?
Erst einmal, nicht zu übersehen: Eine rote Lasche ziert die neue Auflage. Darauf ist zu lesen: »Der neue Duden. Premiere: Duden³. Buch, App und Software.« Drei in einem. Ist nicht neu. Dennoch hat es mich angesprochen, so als modernen Mediennutzer. Hm. Also, gleich mal ausprobieren! In der Mitte des Buchs befindet sich ein roter Karton, auf dem steht, wie’s geht.
Duden³: Buch, App und Software in einem
Den persönlichen Downloadcode für App und Rechtschreib-Software muss man tatsächlich erst freirubbeln. Also: Münze suchen! Eine Schweizer 10-Räppli-Münze tut‘s auch. Code online eingeben unter – Achtung, jetzt kommt‘s: http://www.dudenhochdrei.de/ – ehrlich! Code eingeben und dann muss ich mich erst einmal anmelden, mit all meinen Daten. Nö, oder? Meine Daten hat der Verlag doch ohnehin schon von der Vorabbestellung. Gut, Daten eingeben.
Gut Ding will Weile haben
Dann: Schritt 1: Die Rechtschreibsoftware »Duden Home« herunterladen. Ein Klick. Einfach, denke ich. Dann wird geladen. Der Download dauert ewig! Bin ja eher von der ungeduldigen Sorte.
Schritt 2: Die Wörterbuch-App herunterladen. Dafür muss ich von meinem Smartphone oder Tablet aus eine E-Mail öffnen, die Duden auf die Aktivierung hin verschickt hat. Gut, also öffne ich die E-Mail auf meinem Smartphone, klicke auf den Link für Android-Betriebssysteme, weiter geht’s im Playstore, installieren, warten, fertig.
Der Download geht auf jeden Fall viel schneller als bei der Rechtschreibsoftware für den PC. Nun darf ich den gewünschten Duden auswählen: Duden – Die deutsche Rechtschreibung, 26. Auflage. Anklicken, Code aus der E-Mail eingeben. Fertig. Denkste! Der riesige Download kommt erst jetzt. 262,7 MiB!
Nun denn … Dann schaue ich in der Zwischenzeit mal nach, was mein Download für den PC macht. Der ist inzwischen fertig und kann installiert werden. Prima, die Duden-Bibliothek funktioniert. Auch die anfangs für meine Bildschirmeinstellung viel zu kleine Schriftgröße lässt sich problemlos anpassen. Bin zufrieden. Auch schön: Wenn ich „sitzenbleiben“ (dazu unten mehr) nachschlage, wird mir gleich der passende Paragraf K 55 zur Getrennt- und Zusammenschreibung vorgeschlagen. Das ist praktisch für meinen Berufsalltag als Lektorin!
Die App: Sie hört und spricht!
So, die App ist fertig. Die freudige Überraschung: Sie hört mir zu und spricht! Nun ja, zumindest kann ich mir ein paar ausgewählte Begriffe wie „abbekommen“, „abbestellen“ und „Abbevillien“ vorsprechen lassen. „Cabernet“ dagegen nicht. Schade, hätte ich gerne einigen meiner Bekannten hier im Schwabenländle vorgespielt. Hier klingt das oft wie „Kabbernett“, was mich unweigerlich an „Kabarett“ denken lässt. Aber ich schweife ab. Die App hat auch eine Spracherkennung. Mein erster Versuch „Cabernet Sauvignon“ ist allerdings wenig erfolgreich. Die App schlägt vor „cabanis Avignon“, was das auch immer bedeuten mag. Also einfacher: „Duden fragen.“ Nicht schlecht, zumindest erscheint als vierte Auswahlmöglichkeit nach „du denn fragen“, „du denn Fragen“ und „Duden Fragen“ „Duden fragen“. War ja auch irgendwie gemein, oder?
Die Sprechfunktion der App, mit der Wörter über Sprachbefehl gesucht werden können, funktioniert übrigens nur, wenn das Smartphone online ist, wie ich eben feststellen musste. Schade für alle, die keine Flatrate haben.
Der Standard-Duden: Die Buchversion
Zurück zur Buchversion des Duden³. Duden³, ich kann es mir nicht verkneifen, klingt in meinen Ohren irgendwie gewollt. Egal, was ist neu?
Die ausklappbaren Einbanddeckel mit A-bis-Z-Register zum schnelleren Auffinden des gesuchten Buchstabens. Ob ich das im Alltag nutzen werde, wird sich zeigen.
Neu ist auch der graue Seitenstreifen, der den Abschnitt „Textverarbeitung und E-Mails“ auf Anhieb finden lässt. Gefällt mir, denn hier hatte ich bei den Vorgängerbänden immer Post-its einsetzen müssen.
Der Umfang ist gleich geblieben, entspricht mit 1213 Seiten exakt der 25. Auflage.
Digitalisierung und Finanzkrise seis gedankt: 5000 neue Wörter
Neu aufgenommen wurden 5000 Wörter, die seit der letzten Auflage im Juli 2009 Einzug gefunden haben in die deutsche Sprache. Viele davon sind Errungenschaften des digitalen Zeitalters, einige davon waren überfällig. Neu sind etwa: die App, der Digital Native, die Energiewende, Facebook, der Flashmob, lol, der QR-Code, der Shitstorm und Social Media. Letzteres interessanterweise ohne Angabe eines Artikels. Aber zumindest die Webversion kennt und nennt ihn: „Social Media, die“.
Auch die Finanzkrise hat Spuren im neuen Duden hinterlassen. Davon zeugen Einträge wie der Eurobond, die Eurokrise, die Finanztransaktionssteuer oder das Zockerpapier.
Wie die Duden-Redaktion in ihrem aktuellen Newsletter mitteilt, haben mit Liebesschloss, Schnappatmung, Wutbürger und Vorständin aber auch von Medienzeitalter und Finanzkrise unabhängige Begriffe ihren Weg in den Duden gefunden.
Nichts Neues an der Front: Getrennt- und Zusammenschreibung
Bei der in einigen Fällen als kritisch bewerteten Getrennt- und Zusammenschreibung hat sich aber nichts geändert. Während etwa die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen (AFP, AP, APA, ddp, Dow Jones, dpa, epd, KNA, Reuters und sidder) in ihren Agenturen-Schreibweisen an der Zusammenschreibung bei übertragener Bedeutung festhalten und auch der Wahrig bei übertragener Bedeutung die Zusammenschreibung vorsieht, empfiehlt der Duden auch in der 26. Auflage wieder die Getrenntschreibung.
Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Die Agentur-Schreibweisen und Wahrig unterscheiden zwischen „sitzen bleiben“, im Sinne von „auf einem Stuhl sitzen bleiben“, und „sitzenbleiben“, im Sinne von „in der Schule sitzenbleiben“. Nach der neuen Rechtschreibung sind bei Verbindungen aus Verb und Verb bei übertragener Bedeutung sowohl Zusammen- als auch Getrenntschreibung erlaubt. Der Duden nennt zwar beide Varianten, empfiehlt aber durch die gelbe Unterlegung die Getrenntschreibung. Damit geht die Möglichkeit verloren, den Bedeutungsunterschied zwischen „auf einer Bank sitzen bleiben“ und „in der Schule sitzenbleiben“ über die Rechtschreibung zu markieren, so die Kritik. Manch einer hatte gehofft, dass die Duden-Redaktion in der 26. Auflage in diesem Punkt etwas zurückrudern würde. Das hat sie nicht getan, alles bleibt beim Alten.
Auch bei Verbindungen aus Substantiv plus Partizip bleibt der Duden bei seiner Empfehlung aus der 25. Auflage: Getrenntschreibung. Ein Beispiel hierzu: Agenturen und Wahrig empfehlen mit „ratsuchend“ die vor der Rechtschreibreform verbindliche alte Schreibweise. Wahrig nennt aber zudem auch „Rat suchend“ als Alternative. Der Duden empfiehlt in der 26., wie davor auch in der 25. Auflage „Rat suchend“.
Meine Meinung zum neuen Duden
Résumé: Ich freue mich über die 5000 neuen Wörter, die ich nun nicht mehr extra im Online-Duden suchen muss. Ich freue mich über die App für unterwegs, bei der ich mir die Sprechfunktion ohne Internetverbindung gewünscht hätte. Ich freue mich über die graue Markierung an der Buchseite, die den Abschnitt „Textverarbeitung und E-Mails“ anzeigt. Was es sonst noch an Neuem gibt, wird wohl erst mein Berufsalltag ans Licht fördern. Ich lasse mich gerne überraschen …
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Wichtiger Hinweis: Diese Rezension bezieht sich auf die 26. Auflage des Rechtschreibduden, die 2013 erschienen ist. Inzwischen hat der Dudenverlag zwei weitere Auflage herausgegeben: Im Oktober 2017 erschien die 27. Auflage von „Duden – Die Deutsche Rechtschreibung“, die ich ebenfalls besprochen habe. Hintergrund für die Neuauflage ist eine Aktualisierung des amtlichen Regelwerks der Deutschen Rechtschreibung. Im August 2020 erschien die 28. Auflage.
Weitere Informationen zur Aktualisierung findest du in der Pressemitteilung des Rats für deutsche Rechtschreibung (www.rechtschreibrat.com/DOX/rfdr_PM_2017-06-29_Aktualisierung_Regelwerk.pdf).
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Roland Grassl meint
Leserbrief
Durch die Aufnahme von zahllosen Anglizismen und Neusprechwort – Hülsen in den neuen Duden, hat sich die Redaktion von ihrer eigentlichen Aufgabe distanziert und den Absichten Konrad Dudens einen Bärendienst erwiesen. Statt dem geneigten Benutzer Sicherheit im Sprachempfinden zu gewähren und ihm einen Leitfaden für gutes und gültiges Deutsch an die Hand zu geben, wird deregulierter Kauderwelsch dargeboten, der solchen Entgleisungen in Zukunft als Legitimation dienen könnte nach dem Motto “es steht ja im Duden“.
Der Verein für Deutsche Sprache VDS in Dortmund sieht den Duden bereits als Anwärter für den Sprachpanscherpreis 2013 in der engeren Wahl. Es ist kaum denkbar, daß der Duden wegen der Zurschaustellung meist kurzlebigen Jargons seinen Ruf so sehr aufs Spiel zu setzen wagt. Dabei ist eine deutliche Mehrheit in Deutschland laut Umfrage gegen die Aufnahme solcher Elaborate.
Wenn auch die deutsche Sprache von heute mit der Goethes und Schillers nicht mehr vollständig deckungsgleich ist, so sollte sie wenigstens wiedererkennbar sein.Es wäre ehrlicher gewesen, der Duden hätte seine seine neueste Ausgabe in Esperanto verfasst.. Würde es beim gegenwärtigen Debakel bleiben, so könnten Ausländer in Zukunft kein vernünftiges Deutsch mehr lernen und auch die Goethe – Institute im Ausland wären wohl bald überflüssig. Doch glaube ich kaum, daß sich die deutsche Sprache so einfach abschaffen läßt und so bleibt doch etwas Hoffnung nach dem Motto „Kein Unglück ewig“
Kerstin Schuster meint
Hallo Herr Grassl,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar.
Naja, zumindest hat der Duden es mit seiner neuen Auflage aufs Siegertreppchen geschafft und wurde vom VDS tatsächlich zum „Sprachpanscher 2013“ gekürt, wie die SZ so schön berichtet: http://www.sueddeutsche.de/kultur/verein-deutsche-sprache-duden-ist-sprachpanscher-des-jahres-1.1760465. Der „Klapprechner“ ist mir übrigens noch nicht begegnet, herrlich!
Auch wenn ich Ihre Sicht auf den Duden und die aktuelle Entwicklung der deutschen Sprache nachvollziehen kann, möchte ich zwei Dinge anmerken:
Zum einen: Sprache ist ein lebendiges Gebilde, sie ändert sich ständig. Dabei spielen verschiedene Einflüsse eine Rolle, darunter eben auch die Sprachen anderer Nationen. Waren es früher das Lateinische und Französische, so hat heute das Englische einen großen Einfluss. Bildungssprache hin oder her, warum sollte das Englische ablehnungswerter sein?
Zum anderen: Durch den beschleunigten Informationsfluss wandelt sich unsere Sprache in einem recht schnellen Rhythmus. Neue Gegenstände, Ideen und Konzepte tauchen in so kurzen Abständen auf, dass die Begriffe dafür meist direkt aus der Ursprungssprache übernommen werden. Etwas überspitzt gefragt: Wäre es Ihrer Meinung nach die Aufgabe der Duden-Redaktion, dafür zu sorgen, dass hier jeweils ein deutscher Begriff gefunden, festgehalten und durchgesetzt wird?
Für mich als Lektorin ist der Duden ein Referenzwerk. Sicherlich möchte ich darin nicht unbedingt jeden Begriff finden, der auf unseren Straßen Verwendung findet. Aber zumindest Wörter wie App, Social Media oder QR-Code, die eben inzwischen Teil der deutschen Sprache sind. Denn ich möchte wissen, wie man sie schreibt. Dafür nutze ich persönlich den Duden.
Daher teile ich die Meinung der Duden-Redaktion, dass diese die deutsche Sprache nicht macht, sondern lediglich abbildet. Und selbst wenn die Duden-Redaktion diesen Anspruch hätte: Meinen Sie, die Nichtaufnahme bestimmter Begriffe hätte reellen Einfluss auf die Entwicklung unserer Sprache? Ich habe da so meine Zweifel …
Stefan Eck meint
Sehr geehrte Frau Schuster,
ein kurzer Hinweis zu Ihrem Passus
»… Social Media. Letzteres interessanterweise ohne Angabe eines Artikels. Aber zumindest die Webversion kennt und nennt ihn: „Social Media, die“.«:
»Social Media« ist ein Pluraletantum; zu geißeln wäre daher vielmehr die Angabe »die« des Internetdudens, die die falsche Schlußfolgerung »weibliches Substantiv, Singular« nahelegt.* Vergleiche andere Mehrzahlwörter, etwa »Eltern« oder »Ferien«, bei denen ebenfalls nur die Onlineversion ein unsinniges »die« hat.
Ansonsten freue ich mich über Ihre Getrennt-und-Zusammenschreibung-Kritik. »Résumé« wiederum wäre mir zu altfränkisch … Vielen Dank jedenfalls für den ausführlichen Testbericht.
Stefan Eck
* Und so kommts; schnell gegoogelt: »Social Media ist zur Plattform, zum Sprachrohr für die Weltöffentlichkeit geworden« (Computerwoche.de); »Social Media ist mittlerweile der relevanteste Kanal, über den Journalisten Kritik erfahren« (derStandard.at); richtig wäre natürlich immer »sind«.